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TOURENBERICHT KLETTERWOCHE DOLOMITEN 04. BIS 10. SEPTEMBER 2016

 

Bergführer: Toni von Allmen 

Teilnehmer: Madeleine Bieri, Martin und Thomas Schmied, Heidi Ulrich

 

Einleitung: An diesem Tourenbericht haben alle gleichermassen mitgeschrieben, jede(r) einen Tag. Das nennt man Teamgeist! 

 

Erster und zweiter Sellaturm – Montag 05.09.2016

Nach einer verregneten Nacht und einer gröberen Schlacht ums Frühstücksbuffet – ältere Jahrgänge in einer österreichischen Wandergruppe können erstaunlich durchsetzungsfähig sein, vor allem, wenn sie Hosenträger spazieren führen – gaben wir der angekündigten Wetterbesserung zuerst bei einem Kaffee auf dem Sellapass Zeit, sich breit zu machen, und den Temperaturen, etwas zu steigen (das hatten wir gleichenorts doch schon mal …). Eine halbe Stunde später stiefelten wir zum Einstieg der „Kamin-Führe“ am Ersten Sellaturm. So konnten die beiden Dolomiten-Neulinge sich schon mal mit der typischen Kaminkletterei ohne nennenswerte Zwischensicherungsmöglichkeiten vertraut machen. Dank Sonne und Wind war der südgerichtete Fels bereits getrocknet und halbwegs warm. Den „Zwergentod“ kurz unter dem Gipfel meisterten alle elegant. Nach einer Stärkungspause, für uns und für die Dohlen, und trotz aufdrehendem Wind entschieden wir uns, auch noch die „Glück-Führe“ am Zweiten Sellaturm anzuhängen – sehr schöne Längen in, was sonst, mehrheitlich Rissen und Kaminen. Ein Vorgeschmack auf den Rest der Woche … 

 

Sas de Mesdi – Dienstag 06.09.2016 

Bei windigem und kaltem Wetter gelangten wir zum Einstieg an der Südwestkante des Sas de Mesdi. (Ladinisch „Sas“ kommt von Lateinisch „Sax“ und bedeutet: „Fels[kopf]“, „Ladinisch „Mesdi“ bedeutet: Mittag. Ladinisch ist eng mit den 5 Bündnern Rätoromanisch-Idiomen verwandt.) Unsere Finger waren etwas steif und einige wünschten sich, dass es etwas wärmer sein könnte. Wie fast immer in den Dolomiten ist es nicht ganz einfach, den Routenverlauf zu finden, aber Toni hatte dies im Griff. Das Klettern machte Spass und wir rückten Seillänge um Seillänge im fast senkrechten Felsen dem Gipfel zu (der Tiefblick wurde immer imposanter). Oben blies uns der Wind so richtig ins Gesicht – Nordföhn macht gutes Wetter, ist aber auch im Südtirol kalt) und es ging ohne Gipfelfoto und lange zu verweilen über den Abstiegspfad nach unten. Kurz vor der Seilbahn erwischten uns ein paar Regentropfen, die sich aber von unserem Tempo einschüchtern liessen und bald aufgaben. 

 

Überschreitung Fünffingerspitze – Mittwoch 07.09.2016 

Bei sehr schönem Wetter gelangten wir mit der „Rarität einer Gondelbahn“ zur Langkofelscharte (wir mussten hinterherrennen, um von hinten in die 2-Personen Gondel einsteigen zu können). Hier stiegen wir zuerst kurz ab, querten zur Scharte der Grohmannspitze und konnten dort die Kletterei beginnen. Ein ausgesetzter Quergang machte grossen Eindruck, aber einmal am Klettern, war es nicht ganz so schlimm wie es aussah. Mit dem „Schusterriss“ wartete kurz vor dem Gipfel noch eine letzte „giftige“ Kletterherausforderung auf uns. Auf dem Gipfel machten wir kurz Rast und schon begann der Abstieg mit Suchen der Abseilstelle. Diese musste über ein ganz schmales Bändlein in der praktisch senkrechten Nordwand begangen werden („e extrem luftigi Sach“). Von hier aus konnte insgesamt 10 Mal abgeseilt werden, das gab Übung im Einhängen, usw. Zuunterst bemerkten wir, dass es knapp würde für die Seilbahn und gaben alles inklusive Sprint (neue Disziplin: „Seilaufnehmen beim Bergabrennen“), so dass es noch auf die allerletzten Gondeln reichte (puh das war knapp, das Kletterzeugs wurde erst bei der Talstation ausgezogen und sortiert). Dafür gab es anschliessend noch ein verdientes Radler zu geniessen. 

 

 

 

 

 

Dritter Sellaturm – Donnerstag 08.09.16 

Auch am Donnerstagmorgen fanden sich Gruppe A und B wie immer pünktlich um 06.58 zum Frühstück ein. Nach Müesli, Konfi, Käse, Schinken, Brot und Ei ging es auf den Sellapass, und zum Einstieg. Gehen am Kurzen Seil und leichte Kletterei waren angesagt bis zum Beginn der „Jahn“-Führe. In dieser Route wartete Genussklettern auf uns. Der „heikle Quergang“ war, dank ungewöhnlich vielen Haken, eine interessante Passage mit einem spektakulären Tiefblick. Trotz der guten Sicherung traute sich das Fotomodell nicht, den Po weit von der Wand zu entfernen. Seillänge für Seillänge „kraxelten“ wir weiter bis wir an die Schlüsselstelle gelangten. Gruppe B nahm einen Seilschaftsführerwechsel vor. Der angetroffene Riss im vierten Grad war besser zu klettern als befürchtet, deshalb gaben wir ihm den Übernahmen „Schusterriss light“. Auf dem Gipfel angekommen, schüttelten wir uns die Hände und verpflegten uns sofort, damit das Loch im Magen nichts mehr zu sagen hatte. Die Aussicht war ein Genuss bei diesem schönen Wetter. Der Abstieg begann mit einer kurzen Abseilerei. Der vom Youngster perfekt ausgeführte „Abseil Zwirbler Rückwärts“ mit einhändigem Ausleiten, ergab von der Jury die Note 10. Schritt für Schritt nahmen wir den Alpinen Abstieg, bis wir das Spiralband erreichten. Dies schlängelt sich schön um den Berg. Dort fühlten wir uns wie zu Hause. Das „Schnaggen“ und der Tiefblick hatte was vom Mönchspüffel. Das Zückerli zum Schluss war das Abseilen durch eine Schlucht. Scharpf, fast wie zu JO Zeiten. Bei einem Radler liessen wir den Tag Revue passieren und freuten uns auf das grosse Abendessen. 

 

 

 

Sas Pordoi – Freitag 09.09.2016 

Für den letzten Tag haben wir uns eine Kletterei im … ja natürlich: im tiefen Kamin gegönnt. Die Seilbahn brachte uns vom Pordoijoch aus zur Pordoispitze. Wobei "Spitze" übertrieben ist, handelt es sich doch um einen plateauförmigen Felsgipfel. Der Zustieg war also ein Abstieg: hinunter zur Pordoischarte und weiter Richtung Pordoijoch. An der Südostwand über den Schutthang gelangten wir zu den Überhängen – hier sammelten wir uns für die Route „Pederiva-Kamin“. Zeitlich schafften wir es, die 10.00 Uhr Pause noch vor der ersten Seillänge unterzubringen, was für Einzelne ziemlich matchentscheidend war. In der zweiten Seillänge erwartete uns als erste Knacknuss eine Querung. Danach stiegen wir für die nächsten 115 Meter in den senkrechten Kamin ein. Der Blick in den Kamin offenbarte dunkle Felswände, was auf Flechten und Moos schliessen liess. Doch entgegen unseren Befürchtungen erwiesen sich die Wände zum Glück als trocken und gut griffig. Nur die Haken waren extreme Mangelware. In der dritten Seillänge wurde der Kamin so breit, dass sogar Hosenträger tragende Personen ihn gut bewältigt hätten... Und für diejenigen, welche Yoga aktiv praktizieren, war das Platzieren der Beine an den immer weiter auseinander liegenden Wänden kein Problem. Am Ende der 5. Seillänge war der Stand bei einem Felsenloch angebracht und ermöglichte einen speziellen Blick auf die umliegende Landschaft. Nach einer Gehpassage über eine Rampe bewältigten wir den letzten Kamin – diesmal ein enger. Und plötzlich standen wir wieder auf dem Plateau vom Sas Pardoi und fertig war die Kletterei und leider auch die von Toni von Allmen erneut mit Bravour organisierte und geleitete Woche. Herzlichen Dank!