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Kletterwoche Dolomiten – 21. - 27. August 2022

Bergführer:         Daniel Oberli

Tourenleiter:       Martin Schmied

Teilnehmende:   Andreas Holdener, Madeleine Bieri

Auf geht’s zur traditionellen Dolomiten-Kletterwoche! Die Vorfreude war gross, als ich in Sargans in den Skiclub-Bus stieg, mit dem Dani, Martin und Andi ab Lauterbrunnen bzw. der Innerschweiz hergefahren waren. Wir kamen staufrei über den Brenner und den Falzarego-Pass bis zur Pension «Locanda del Cantoniere». Gleich vorneweg: eine super Unterkunft – gute Lage, klein und familiär, schöne Zimmer, hervorragendes Essen.

Anderntags starteten wir bei bestem Wetter. In der «Via del Buco» durch die Südwand des kleinen Lagazuoi, dabei machte Andi erste Bekanntschaft mit Dolomitenfelsen. Er wählte dazu die hohen Bergschuhe und änderte daran auch für den Rest der Woche nichts. Die Routen-Bewertung erwies sich, wie alle Jahre wieder, als … sagen wir: eigenwillig: Dolomiten-IVer sind in der Regel überhängend. Trotzdem meisterten wir die Route gut, zusammen mit ein paar Italienern, von denen der älteste 73-jährig war. Damit auch wir in dem Alter noch solche Touren klettern können, müssen wir sicherlich alle Jahre wieder in die Dolomiten ins Training. Der Abstieg erfolgte über den «Kaiserjägersteig» – wie so Vieles am Falzarego-Pass ein Überbleibsel aus dem Ersten Weltkrieg.

Am Dienstag ging es an die «Alpini-Kante» an der Pyramide des Coles dei Bos nahe der beiden Falzarego-Türme, auch eine schöne, sonnige Route. Abgestiegen wurde über einen «guten Weg» (Dolomiten-Sprache) auf einem schmalen Band mitten durch Felsgelände und dann auf einem Wanderweg. In der Beiz «Strobel» gab es das wohlverdiente Radler mit dem ebenso wohlverdienten kalten Plättli.

Am Mittwoch starteten wir für einen längeren Tag: Fahrt via Cortina und Misurina zur Passstrasse Richtung 3 Zinnen. Dort standen wir kurz im Stau, konnten dann aber etwas unterhalb des offiziellen Parkplatzes der Fonda-Savio-Hütte parkieren und loslaufen. Bei Martin und mir wurden Erinnerungen an eine frühere Kletterwoche wach, samt Kammerlander-Party in der Hütte. Diese liessen wir diesmal links liegen und stiegen in die Forcola di Diavolo. Es folgte eine typische Dolomiten-Kaminkletterei auf den buckligen Turm «Il Gobbo». Für uns gewöhnungsbedürftige Technik, entsprechend «aussagekräftig» waren die Geräusche und Kommentare während des Kletterns. Aber stecken blieb niemand, und in der letzten Seillänge an der extrem luftigen Kante («äs geit d’Bänne ab isch nume dr Vorname») wähnten wir uns buchstäblich auf Messers Schneide. Nach der Abseilerei marschierten wir zum Einstieg des Torre Wumm … Wundt und kraxelten durch weitere Verschneidungen. Vom Gipfel aus hatten wir einen eindrücklichen Blick auf die 3 Zinnen, durch das Abendlicht und ein paar Wolken besonders spektakulär gestaltet. Der Abstieg mit Abseilen, Schrofenabkraxeln und Geröllrinnenruntergehen erforderte nochmals Konzentration. Müde aber zufrieden erreichten wir das Auto, wo Martin realisierte, weshalb es nicht mehr für einen Umtrunk in der Hütte gereicht hatte: es war schon Viertel vor sieben.

Am Donnerstag und Freitag gabs statt Nordföhn Tagesgangwetter mit für den Nachmittag angekündigten Gewittern, weshalb sehr lange Touren nicht mehr drin lagen. Wir fuhren über den Passo Giau – wieder wurden Erinnerungen wach – zur Sesselbahn, die uns anstrengungslos zur Averau-Hütte brachte. Nach kurzem Zustieg machten wir uns an die Route durch die steile Averau-Südwestwand. Gleich die erste Seillänge bot Grund für etwas unentspannte Haltung. Weitere knackige Stellen folgten, oft in Verschneidungen. Als wir in der 4. Seillänge an der Ecke des sehr exponierten Quergangs mit viel Luft unter den Fersen standen, musste natürlich fotografiert werden. Der Abstieg erfolgte über die Normalroute mit abgespecktem Klettersteig. Unten gab es wieder ein kaltes Plättli, dreieinhalb Regentropfen und danach auf dem Sitzplatz der Unterkunft ein farbenprächtiges Regenbogenspektakel.

Am letzten Tag brauchten wir wegen des doch intensiveren Regens vom Vorabend eine schnell trocknende Route, also eine Südkante, und stiegen deshalb am beliebten Hexenstein ein. Dort war der Fels zum ersten Mal etwas speckig, ausserdem gab es Stau, weil noch andere die gleiche Idee hatten. Aber egal, wir hatten mit zwei italienischen Guides und ihren Gästen eine fidele Zeit an den Ständen, während die Seilschaft vor uns es vorzog, das Ganze eher unentspannt zu sehen. Muss jeder selber wissen, ob er es lustig haben will oder nicht. Wir konnten die obligaten Kamin-Durchschlupf-Fotos schiessen und die schöne Abschlusslänge diesmal klettern, ohne dass es einem in den Ärmel schneite (wie auch schon). Am Gipfel wurden mit dem polnischen Gast eines Italiener-Guides Fotos ausgetauscht – Klettern ist auf jeden Fall völkerverbindend und sicher klüger, als aufeinander zu schiessen, wie wir während des Abstiegs erinnert wurden, der lange durch Schützengräben führte. Das kalte Plättli an diesem Tag war eher eine Platte.

Leider war da die Woche schon zu Ende. Weil es am Samstagmorgen kurz regnete, verzichteten wir auf einen Zwischenhalt in einem Klettergarten und fuhren direkt Richtung Schweiz. Wiederum eine tolle Dolomitenkletterwoche mit viel Wetterglück, in der nicht nur geklettert wurde, sondern auch gut gespeist, viel gelacht – die Witze gingen von härzig («was ist braun und schwimmt unter Wasser?») über halbpolitisch bis zu bitterböse und Böniger. Merci, Martin, fürs Organisieren, und Dani für die super Führung (inkl. Seilziehen in strategischen Momenten).

Madeleine Bieri